Interview Prof. Dr. med. Jan Roigas

Interview mit Prof. Jan Roigas, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Urologische Forschung

Warum benötigen wir zusätzliche Unterstützung für die Forschung in der Urologie? 

Das Interview führte: Günther Krug, Mitglied im Beirat der Stiftung Urologische Forschung und Politiker der SPD in Berlin

Günther Krug: Die Stiftung Urologische Forschung war für Sie immer ein wichtiger Impulsgeber. Was hat Sie motiviert, neben der Arbeit als Mediziner auch noch ehrenamtlich für die Stiftung als Vorsitzender tätig zu sein?

Professor Roigas: Die Forschung in der Urologie ist eine ganz entscheidende Motivation! Ich selbst bin an der Charité „groß geworden“. Wenn ich nicht die Hilfe und Unterstützung durch meine damaligen Lehrer, Herrn Prof. Loening und Herrn Prof. Schnorr, gehabt hätte, dann wäre meine akademische Laufbahn so nicht möglich gewesen! Ich konnte nach der Wende ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erlangen und Prof. Loening hat durch seine Verbindungen in die USA dafür gesorgt, dass ich dort meine wissenschaftlichen Forschungen an den Universitäten von Iowa City (Iowa) und Albuquerque (New Mexico) durchführen konnte. Solche Möglichkeiten gilt es auch heute zu unterstützen. Dafür kann die Stiftung Urologische Forschung behilflich sein!

Günther Krug: Wie wird Fortschritt in der praxisorientierten Forschung und in der Grundlagenforschung
durch die Stiftung unterstützt?

Professor Roigas: Die Stiftung unterstützt translationale Forschung! Die Projekte, die wir fördern sind weitestgehend an Untersuchungen von Patientengewebe gebunden. Das molekulare Verständnis urologischer Erkrankungen soll hierbei direkt „am Patienten“ erforscht werden. Dies ermöglicht den „from bench to bedside“-Übergang, also die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse aus dem Labor direkt am Patienten zur Behandlung von urologischen Erkrankungen. Dies bedeutet auch der Begriff „translational“.

Günther Krug: Nennen Sie bitte Beispiele für Ihre Projekte und Vorhaben.

Professor Roigas: Wir fördern derzeit mehrere Projekte, u.a. die Etablierung der Arbeitsgemeinschaft „Organoide“ der jungen Wissenschaftlerin Annika Fendler. Durch eine großzügige Spende der Eheleute Schildbach wurde es möglich, dieses Forschungsvorhaben gemeinsam mit der Charité umzusetzen und eine Forschungsgruppe aufzubauen. Daneben fördern wir Promotionsstipendien, die es jungen Wissenschaftlern ermöglichen sollen, ihre Promotionsvorhaben erfolgreich durchzuführen, ihre experimentellen Ergebnisse durch Publikationen der wissenschaftlichen „Community“ zugänglich zu machen und damit ihren Weg in Wissenschaft und Forschung in der Urologie zu gehen.

Zusätzlich fördern wir auch sogenannte Stiftungsprofessuren. Hier werden national und international renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstützt, um ihre akademische Laufbahn erfolgreich weiterzuentwickeln. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Stiftungsprofessur „translationale Uroonkologie“ für Frau Professor Maria De Santis. Sie genießt bereits eine hohe internationale Anerkennung im Bereich der Behandlung urologischer Krebserkrankungen, die sie durch die Professur weiter ausbauen und entwickeln wird.

Günther Krug: Forschung und Lehre zu verbinden ist doch ein staatliches Anliegen. Kann dabei die Stiftung Urologische Forschung von Nutzen sein?

Professor Roigas: Es ist nicht einfach, Unterstützung für wissenschaftliche Forschung durch staatliche Hilfe zu erlangen, denn die finanziellen Ressourcen sind knapp! Umso mehr ist es wichtig, dass private Spender und Förderer die wissenschaftliche Forschung unterstützen! In den USA ist dies alltäglich, ganze Forschungsinstitute und -bereiche sind durch private Spenden entstanden! Die Institute tragen den Namen der Spender! Das ist auch gut so! Hier in Deutschland steht die Bereitschaft, die wissenschaftliche Forschung auf privater Basis zu unterstützen noch sehr am Anfang. Die direkte Identifikation der Spender mit dem zu fördernden Vorhaben ist sicher ein ganz entscheidender Baustein! Wenn ich spende, dann möchte ich ganz genau wissen wofür! Kommt meine Spende auch „richtig an“?

Günther Krug: Und wie finanziert die Stiftung die laufenden Vorhaben?

Professor Roigas: Natürlich sind auch wir auf die Großzügigkeit von Spenderinnen und Spendern angewiesen! Bisher hatten wir das Glück, durch die Zuwendungen von privaten Spenderinnen und Spendern eine Vielzahl von Projekten fördern zu können. Dabei sind wir sehr authentisch! Es ist ganz klar und nachvollziehbar, wofür die Spenden dann verausgabt werden. Es hilft einerseits jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ihren Weg zu gehen. Aber andererseits kommt es am Ende auch den Patientinnen und Patienten zugute. Denn nur durch intensive, patientenorientierte Forschung lassen sich Fortschritte in der Behandlung urologischer Erkrankungen erzielen.

Günther Krug: Tue Gutes und rede darüber? Sagen Sie deutlich genug, das Ihre Arbeit in der urologischen Forschung auf die Unterstützung durch private Spender angewiesen ist?

Professor Roigas: Sie sprechen einen ganz entscheidenden Punkt an. „Fundraising“ ist das Stichwort! Wir müssen mehr an die Öffentlichkeit treten! Urologische Krebserkrankungen nehmen knapp ein Viertel aller neu diagnostizierten Krebserkrankungen in Deutschland ein. Der Bedarf ist an Förderung riesig! Aber auch kleinere Projekte, wie die Nierentransplantation im Kindesalter, das ist eine verschwindend kleine, aber sehr bedürftige Patientengruppe, verdienen eine intensive Förderung! Es gibt also viel zu tun! Aber wir haben bereits Vorhaben, um diese Ziele der Förderung weiter umzusetzen.